Design Trends 2025: Die Gegenbewegung zur KI ist menschlich
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Text: Miro Schober & Anna Haury
Künstliche Intelligenz ist 2025 das Thema Nummer 1 und wird von vielen zum Existenz-Feind der Kreativbranche hochstilisiert. Doch was, wenn wir die KI nicht als Feind betrachten, sondern als Werkzeug, das uns hilft, unsere Ideen schneller umzusetzen? Und was, wenn gerade die übermenschlich exakten Gestaltungen der Maschine uns dazu bewegen, von der Perfektion abzuweichen, kreativer, menschlicher und emotionaler zu gestalten? Für 2025 prognostizieren wir Trends, die eine Sehnsucht nach dem Echtem verlautbaren lassen, die nach Individuellem und Unkonventionellem suchen.
![Visualisierung von experimentellem Webdesign Design Trend ©klikkentheke.com ©svee.it ©kooilektor](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung.jpg)
01 Experimentelles Webdesign
Im Screen-Design fand nach der experimentellen Zeit der 2000er eine Reduktion auf einen homogenen Look statt. Nach dem großen Vorbild Apple, wurden Farben, Formen und Schriften auf ein Minimum reduziert. Besonders UI-Elemente wie das Menü, Buttons, Verlinkungen und Formularfelder haben aus gutem Grund ein einheitliches Erscheinungsbild entwickelt: Es folgte die Form der Funktion und die Funktion folgte der Gewohnheit. Eine Website, mit experimenteller Menüführung, wird schlicht unübersichtlich und schwer bedienbar.
Nichtsdestotrotz betreten wir das postminimalistische Zeitalter im Screen-Design. Grund dafür sind sowohl neue technische Möglichkeiten, eine Übersättigung der immer selben Layouts sowie das Wissen darüber, welche Elemente einer Website der Funktion dienen und bei welchen man im Gegenzug frei gestalten darf. Man muss die Regeln eben kennen, um sie zu brechen. Und da sogar Apple, lange Vorreiter im Screendesign, mit ihrem „Lorem Ipsum“ am Ende zu sein scheint und seit Jahren nur noch die immer selben Layouts mit mal stärker, mal weniger stark abgerundeten Ecken reproduziert, liegt der Schluss nahe, dass wir Malewitsch´s schwarzes 16:9 Display des Webdesigns erreicht haben. Weniger geht nicht. Mehr ist wieder mehr.
![grain design Visualisierung Beispiele Design Trend, Brother Films ©Forth+Back® Studio](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung2.jpg)
02 Grain, Struktur, Verläufe & Unschärfe
Bereits vor über 100 Jahren war Minimalismus in der Bauhaus-Bewegung untrennbar mit einer wertigen Materialsprache verbunden. Frühe reduzierte Designs glänzten vor allem durch hochwertige Druck- und Produktionstechniken, die oft noch Handarbeit waren. Die ersten Groteskschriften mussten noch in aufwändigen Verfahren gesetzt werden, was wiederum eine handwerkliche Patina des Materials verlieh.
Würden wir ein Poster der damaligen Zeit heute am Bildschirm betrachten, würden wir es ohne sein Medium, das Papier, womöglich sogar als zu glatt und banal wahrnehmen. Um eine Materialität am Bildschirm zu ersetzen, kehren deshalb Effekte und Strukturen zurück. 2025 knallt man aber keine Brush-Texturen mehr quer über den Bildschirm oder versucht einen plumpen 80s-Neon-Retro-Effekt nachzuahmen. Heute erzeugt man digitalen Grain, der das Rauschen einer Analogkamera nachempfindet, ergänzt Icons und Schriften mit Ink-Bleed, das dezent verrinnende Kanten beim Druck imitiert oder experimentiert mit Unschärfe, Verläufen und allem, was der Gestaltung eine dezente Patina verleiht.
![Print & Zines Design Visualisierung Design Trend ©ferrabrechta ©tomyogingrid ©actuelstudio](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung3.jpg)
03 Print
Social Media wird von Jahr zu Jahr überladener: zwischen Ads und viralem Content findet man kaum noch das, weswegen man sich die Apps einmal heruntergeladen hat: Freunde und Bekannte. Diese beenden derzeit, zumindest in unserem Umfeld, reihenweise ihre Accounts, solange sie diese nicht für ihr eigenes Marketing benötigen. Für Creator und Firmen bleibt Social Media sicher noch lange unumgänglich. Über den Wandel im Social Media Bereich berichtet Roxana für Madison ausführlich.
Der Arbeitsalltag vieler spielt sich vor dem Bildschirm ab. Deshalb ist es ein großer Wunsch, die eigene Screentime in der Freizeit zu reduzieren. Warum nicht mal wieder eine Zeitung lesen? Ein Magazin durchblättern oder von Veranstaltungen über die Plakate im Lieblingslokal erfahren? Independent Publishing war lange Teil einer jungen Subkultur und diente zur Verbreitung politischer, kultureller und humoristischer Inhalte.
Mittlerweile verlegen aber auch urbane Marken, mit Draht zur Jugend, selbst in Form kleiner Magazine, also Zines. Unternehmen, wie Urban Outfitters, Nike, Glossier oder auch Red Bull, nutzen diesen unkonventionellen Weg, setzen auf innovatives, experimentelles Design und beweisen damit: Print wird auch 2025, entgegen den gängigen Prognosen, nicht verschwinden. Im Gegenteil: Wer jetzt auf innovative Konzepte im Print setzt, ist dem Zeitgeist womöglich einen Schritt voraus.
![Moderne illustration Visualisierung Design Trend ©jonburgermen.com ©paulinebatzila](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung4.jpg)
04 Illustration
Warum zeigt jede von AI generierte Uhr fast immer 10 nach 10? Weil diese Uhrzeit in der Werbung als das »lächelnde Zifferblatt« gilt und die intelligenten Bildgeneratoren nichts lieber tun, als das nachzuahmen, was sie tausendfach gesehen haben. Was fehlt, ist inhaltliches Verständnis und genau das schützt Illustrator:innen vor der viel verlautbarten Verdrängung. Die Renaissance der Illustration im Grafikdesign, ursprünglich angetrieben vom Wunsch, das kühle Flat Design (groß gemacht durch Apple iOS 7 oder Google Material Design) zugänglicher zu machen, hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Charmante, minimalistische Doodles wurden schnell kommerzialisiert und bald durch ihre Reproduzierbarkeit langweilig. Das Übermaß an vektorisierten Figürchen, die Charts in Tech Companies präsentieren, hat ihnen ihren Reiz genommen.
Heute zählt, was Eigenständigkeit und handwerkliche Technik ausstrahlt. Was Persönlichkeit und Humor in sich trägt, gefällt. Wir sehnen uns nach Handarbeit und entwickeln immer bessere Sinne, um zu unterscheiden. Ob Airbrush, Pastellkreide oder Bleistift: Illustrationen werden nicht mehr glattgebügelt, sondern sind überraschend technisch ausgefeilt, in ihrem Minimalismus beinahe kindlich und vor allem schwer zu ersetzen.
![Maximalismus Visualisierung Design Trend ©suzychannn](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung5.jpg)
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05 Maximalismus
Da wir uns auch als Gesellschaft bald zurück ins Mittelalter bomben, ist es nur logisch, dass die guten alten Wappen im Design zurückkehren. Vermehrt werden wir wieder Logos sehen, die eine komplexe Kombination aus Ornamentik, Fauna und Flora, Symbolik und Referenzen bieten. Denn wer von uns hat nicht schon einmal davon geträumt, mit dem eigenen Wappen auf wehender Fahne am Dach eines Cyber Trucks zu stehen und einen autonomen Stadtstaat auszurufen?
![Visualisierung Design Trend bad kerning, schlechtes kerning](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/20250114_Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung_Kerning.jpg)
06 Bewusst falsches Kerning und Zwiebelfische
Die Kultur- und Lifestyle-Branche zieht seit jeher Menschen mit Designaffinität an, die sich durch aufmerksames Beobachten – oder erhöhter Screentime auf Pinterest – ein grundlegendes Verständnis für gestalterische und typographische Prinzipien angeeignet haben. In den nächsten Jahren werden wir ein Aufbrechen genau jener Konventionen in dieser Branche sehen: Bewusst falsche Buchstabenabstände, überzeichnetes Ineinander- oder Auseinanderstehen, oder ein ganzer Buchstabe im »falschen« Font, um ein ausgefallenes Schriftbild zu erzeugen (letzteres nennt man im Fachjargon übrigens einen »Zwiebelfisch«). Ein experimenteller Zugang, der wie ein jedes Kind einer Kunstepoche gegen seine Eltern rebellieren will und als nettes Add-on noch eine intellektuelle Anspielung auf die eigenen Fachkenntnisse und die Brechung eben jenes Regelwerks hergibt. Eine Massage für die verspannten Schultern der Kerning-Neurotiker, die sich, ganz nach McLuhan, wohl erst nur in gewissen Medien durchsetzen wird.
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07 Anti Trend: Y2K
In den letzten Jahren begann die unsägliche Y2K-Welle in allen Genres beinahe pandemisch über uns hereinzubrechen. Angefangen als ironisches Edgy Statement von Rappern wie Ski Aggu in den Mainstream katapultiert, wurde Y2K über TikTok in Rekordzeit zur Konsumpflicht für alle hyper-pubertären Minderjährigen ohne voll entwickelten eigenständigen Charakter und machte auch im Design nicht halt. Doch spätestens Ende des Jahres, wenn die ersten Banken angefangen haben, ironische Tribal-Arschgeweih-Klebetattoos zu verteilen, sollte man am Schulhof keine Raver-Sportbrillen mehr tragen, denn dann muss man längst beim nächsten künstlich generierten, fast Fashion-Hype, dabei sein.
Teile dieses Trends werden uns noch erhalten bleiben, so etwa der Maximalismus, die experimentelle Typographie, die Strukturen und Effekte, oder etwa vielfältig eingesetzte GIFs, allerdings nicht mehr in Plastik eingehüllt und mit Glitzersteinchen versehen.
Wir prognostizieren (oder hoffen auf) ein langsames Ende der Dauer-Nostalgie und eine Entwicklung in Richtung eines neuen, eigenständigen postmodernen Stils, der sich von der Blütezeit der Popkultur vielleicht endgültig verabschiedet.
![Visualisierung Design Trend Fotografie, Grain, alternetiv ©fluss.es](https://www.madison.at/wp-content/uploads/2025/01/Madison_Artikel_Designtrends_2025_Visualisierung8.jpg)
08 Fotografie & Collage
Auch in der Fotografie setzen sich unsere Beobachtungen fort: Menschliches, Rohes ungeschöntes und authentisches wird auch 2025 relevanter werden, um so stärker man sich von Generischem, Generiertem und Gewohntem lösen möchte.
Auch Collagen erleben ihr Revival – mal wieder – diesmal, aber nicht rein auf Papier oder digital, sondern als multimediales Erlebnis.
Fazit
Abschließend fassen wir zusammen: Wer sich von der prognostizierten AI Übernahme der Kreativbranche nicht zu nervös machen lässt, wer sich auf das Menschliche und Echte fokussiert und ab und zu mal etwas anderes macht als auf den Bildschirm zu schauen, wird am Ende besser und zeitgemäßer gestalten. Wer den eigenen Weg in der Gestaltung findet und sich nicht von jedem Hype aus der Bahn bringen lässt, wird auch 2025 nicht von unseren kleinen Nachmacher-Robotern ersetzt werden.
Text: Miro Schober & Anna Haury